Tagtäglich treffen wir Entscheidungen – bewusst und unbewusst. Selbst wenn wir meinen, bewusst eine Entscheidung getroffen zu haben, laufen unbewusste Prozesse immer mit.

HIS-Experte Stefan Märzinger erklärt in unserem Videos die verschiedenen Arten von Entscheidungen.

Mythen

Selbst wenn wir meinen, rein kognitiv zu entscheiden, spielen Emotionen und Bedürfnisse immer eine Rolle. (Univ. Prof. Dr. Anton Kühberger) Selbst wenn wir uns nicht entscheiden, entscheiden wir uns: nämlich für den status quo! So gesehen gibt es »Ich entscheide mich nicht!« in Wahrheit nicht.

Wert ist nicht gleich Nutzen

In unserem Interview mit Prof. Kühberger erklärt dieser, dass wir unsere Entscheidungen immer nach den S-E-U- Modell treffen.

S = Subjectiv          E = Expected          U = Utility

Wir entscheiden nicht nach mathematischen, objektiven Werten, sondern immer nach dem subjektiv (S) erwarteten (E) Nutzen (U). 

Foto: Adobe Stock

Entscheidungen zur Problemlösung

Entscheidungen braucht es auch zur Problemlösung jeglicher Art. Problemlösungsprozesse sind ineinanderfließende bewusste und unbewusste Entscheidungsprozesse. Diese können für Außenstehende mehr oder weniger nachvollziehbar sein. Nachvollziehbare Entscheidungsprozesse nennt man auch rationale Entscheidungsprozesse. 

Rationale versus naturalistische Entscheidungen in der Luftfahrt

In der Luftfahrt kennen wir zwei Arten von Entscheidungen:

  1. Rational Decision Making = die eben erwähnte rationale Entscheidung als optimale Entscheidung
  2. Naturalistic Decision Making = die naturalistische Entscheidung, die gut genug ist

Optimale Entscheidung

Die rationale Entscheidungsfindung beinhaltet die Sammlung von Wissen und Meinungen, das sorgfältige Abwägen, Analysieren, Vergleichen von Optionen, um schließlich die optimale Entscheidung zu treffen. Diese Art von Entscheidung braucht Zeit.

Aus der Luftfahrt kennen wir folgendes Beispiel dazu: Der Zielflughafen wird aufgrund von schlechten Wetterverhältnissen gesperrt. Noch sind einige Stunden Zeit bis zur geplanten Landung. Die Pilotinnenkönnen nun in Ruhe folgende und andere Kriterien für ihre Entscheidungsfindung berücksichtigen:

  • Welcher Ausweichflughafen liegt in nächster Nähe zum Zielflughafen?
  • Auf welchem Ausweichflughafen wird das Flugzeug technisch bestens versorgt?
  • Wie steht es um die Wetterbedingungen?
  • Auf welchem Ausweichflughafen gibt es die besten Anschlussflüge für die Passagiere?

Die Pilotinnen suchen hier nach dem besten Ergebnis für ihr »S-E-U« – dem subjektiv erwarteten Nutzen. In diesem Beispiel ist der gewählte Flughaften nicht gerade mal gut genug, sondern optimal.

Naturalistische Entscheidung aufgrund von Mustererkennung

Das Schachspiel ist ein typisches Beispiel für die Mustererkennung. Foto: Adobe Stock

Bei der naturalistischen Entscheidungsfindung greift der Mensch auf seine Erfahrungen zurück. Prof. Kühberger nennt dies die sogenannte Mustererkennung. Hat ein Mensch bereits oft Entscheidungen in ähnlichen Situationen getroffen, kann die naturalistische Entscheidung sogar mit einem somatischen Marker – einem Bauchgefühl – belegt werden. Der Mensch entscheidet intuitiv, aus einem Bauchgefühl oder einem inneren Wissen heraus. Der naturalistisch entscheidende Mensch ist dann zum Experten auf seinem Gebiet geworden. Als Beispiel nennt Prof. Kühberger einen erfahrenen Bergführer, der intuitiv weiß, wann welche Wolkenbildung günstig für einen Auf- oder Abstieg ist oder nicht. 

Naturalistische Entscheidungen sind dann gefragt, wenn keine oder wenig Zeit ist, die optimale Lösung für ein Problem zu suchen. Naturalistische Entscheidungen sind nicht unbedingt optimal, aber zumindest gut genug.  Der persönliche Nutzen liegt darin, die sog. menschlichen Defizitbedürfnisse zu erfüllen. Dazu gehören: Sicherheit und Nahrung.

In der Luftfahrt wäre Feuer an Bord eine Situation, welche eine naturalistische Entscheidungsfindung erfordert. Die Pilotinnen greifen auf ihre realen oder in Flugsimulatoren trainierten Erfahrungen zurück und treffen ihre Entscheidung nach nur einem Kriterium:

Ist hier sofort eine Landung möglich, ja oder nein? Ein sorgfältiges Abwägen und Analysieren wären hier fehl am Platz. Es geht nach dem S-E-U-Modell einzig und allein um den subjektiv erwarteten Nutzen, Menschenleben zu retten, also Sicherheit zu gewähren.

Entscheidungen in Unternehmen

Am Beispiel Corona wird deutlich, dass es Unternehmen an naturalistischen Entscheidungen gemangelt hat. Noch gab es keine Erfahrungen mit einem globalen Lock-down. Unternehmen mussten rein rational entscheiden, und das brauchte seine Zeit.

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Im Falle eines zweiten Lock-downs wären wir nun jedoch bereits in der Lage, aus Erfahrung zu handeln und rascher umsichtige Entscheidungen zu treffen. Wir haben aus dem ersten Lock-down gelernt. Wir wissen, welche Entscheidungen eher günstig und welche eher ungünstig für den persönlich erwarteten Nutzen (S-E-U) waren.

Unternehmensberatung hat unter anderem das Ziel, Unternehmen dafür zu sensibilisieren, wann welche Entscheidungen von Nöten sind.

Wann braucht es optimale Entscheidungen, um Wachstum zu ermöglichen? 

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